Der Markt der sogenannten nachhaltigen Geldanlagen wächst seit Jahren und er ist unübersichtlich. Nicht alles, was als „grün“ oder „nachhaltig“ beworben wird, ist auch gut für Anleger und Umwelt. Denn: Es gibt keine gesetzlich festgelegten Standards oder einheitliche Definitionen für nachhaltige Finanzprodukte.
Verbraucher haben zudem unterschiedliche Erwartungen an eine nachhaltige Geldanlage. Daher sollten sie sich vor einer Investitionsentscheidung gut informieren. Und: Auch bei nachhaltigen Finanzprodukten sind die allgemeinen Regeln der Geldanlage zu beachten – Sicherheit, Rendite und Verfügbarkeit.
Auf EU-Ebene wurde der Klimawandel inzwischen als existenzielle Bedrohung für Europa und die Welt ausgemacht.
Seit Juni 2020 regelt daher die EU-Taxonomie-Verordnung nachhaltige Investitionen für Unternehmen, Kreditinstitute und Vermögenverwalter. Ziel ist es, die Finanzströme in nachhaltigere, CO2-neutrale Investitionen zu lenken, um bis 2050 klimaneutral zu sein. Die Taxonomie kategorisiert daher die Wirtschaftsaktivitäten wesentlicher Branchen, die für eine große Menge des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, und definiert Schwellenwerte, um sie als ökologisch nachhaltig einzustufen. Sie ist als Informationsquelle und Steuerungsmöglichkeit gedacht. Für die Finanzmarktteilnehmer wird dies durch die Regelungen der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) konkretisiert, einen Aktionsplan der EU. Die Taxonomie wurde in Deutschland am 01. Januar 2022 eingeführt.
Am 29. Juli 2021 trat die Verordnung über das europäische Klimaschutzgesetz in Kraft. Dieser Green Deal soll den Übergang zur Klimaneutralität beschleunigen. Konkretes Ziel dieser Verordnung ist es, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 auf nahezu null zu reduzieren (Net-Zero bis 2050, Wachstum von Ressourcennutzung abgekoppelt). In einem ersten Schritt sollen Emissionsn bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Seit Januar 2023 müssen große und börsennotierte Unternehmen bei ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung die Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beachten. Am 10. März 2021 trat die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die Offenlegungsverordnung in Kraft. Die Finanzmarktteilnehmer müssen jetzt offenlegen, inwiefern sie ESG-Ziele erfüllen und nachhaltige Risiken berücksichtigen. Am 1.1.2023 wurde die Verordnung weiter konkretisiert.
Österreich reichte im Oktober 2022 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen die mögliche Einstufung von Atomkraft und Gas als klimafreundlich ein. Die Regierung Luxemburg wird dies im Wege der Streithilfe unterstützen. Auch ein SPD-Europaabgeordneter klagt vor dem EU-Gericht.
Rückschritte bei Rürup-Verträgen
Für Anbieter von Altersvorsorgeverträgen galt nach dem Alterszertifizierungsgesetz (AltZertG) § 7 Abs. 4, dass darüber informiert werden musste, „ob und wie ethische, ökologische und soziale Kriterien bei der Verwendung der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge berücksichtigt werden“. Diese Regelung wurde jedoch im Januar 2017 offensichtlich restlos entfernt. Dies ist ein gesetzlicher Rückschritt.
Insoweit ist es nur mit Hilfe von umfangreichen Recherchen möglich, die Anlagen und die damit verbundenen Fonds genau zu durchleuchten. Oft sind auch den Finanzberatern die angebotenen Produkte nicht hinreichend bekannt, ohne dass dies dem Kunden mitgeteilt wird. Das Geld wird dann in vielen Fällen entgegen des Kundenwunsches direkt oder indirekt genutzt, um zumindest teilweise in umstrittene Problemsektoren zu investieren.
So auch im aktuellen Fall eines Ökotischlers, der nach eingehender Prüfung feststellen musste, dass sein für die Altersvorsorge angespartes Geld unter anderem in die Rüstungsindustrie und Ölkonzerne fließt.
Eine Strategie, um eine Nachhaltigkeit der Finanzprodukte zu erreichen, ist der Ausschluss von bestimmten Problemsektoren. Es werden dann beispielsweise Unternehmen, die in Atomkraft, die Rüstungsindustrie oder die von Kinderarbeit profitieren nicht in den Investitionspool aufgenommen.
Das Best in Class Prinzip beschreibt einen häufig genutzten Ansatz von Banken oder Investmentberatern, Unternehmen nach (meist eigens) festgelegten (Nachhaltigkeits-)Kriterien (siehe auch ESG-Kriterien) zu bewerten. Nach diesem Prinzip werden dann für das Portfolio des Finanzproduktes nur die „besten Unternehmen“ ihrer Branche in den Investmentplan aufgenommen. Das auf der Hand liegende Problem dieses Prinzips ist jedoch, dass keine absolute Bewertung stattfindet, sondern nur eine relative. Dies kann zu einer Situation führen, in der die ausgewählten „besten Unternehmen“ der Branche immer noch in großen Teilen gegen elementare Grundrechte oder rechtliche Auflagen verstoßen, mit bedenklichen Stoffen arbeiten, Atomenergie oder sogar die Waffenproduktion fördern. Vielen Anlegern wird in der Praxis jedoch suggeriert, dass sie nach diesem Modell stets ein vollständig ethisch und moralisch sowie ökologisch einwandfreies Produkt erhalten. Für verantwortungsvolle und bewusste Anleger, die Wert auf umfassende Nachhaltigkeit und Unbedenklichkeit bei ihren Investitionen legen, hilft die Anwendung des Best in Class Modells unseres Erachtens nicht weiter.
Sonderrisiken können dadurch entstehen, dass ein Projekt im Ausland durchgeführt wird. Neben gesetzlichen Risiken durch die Bezugnahme auf ausländisches Recht, gibt es Wechselkursrisiken, die sich immer dann verwirklichen, wenn sich der Kurs der Auslandwährung zum Nachteil entwickelt. Vorsicht geboten ist auch bei sogenannten Blind-Pools. Bei diesen Anlagen steht bei Vertragsschluss nicht fest, in welche Objekte das Anlegergeld investiert wird. Bei Investitionen in erneuerbare Energien bestehen Risiken hinsichtlich der eingesetzten Technologien. Kosten können explodieren, wenn Reparaturkosten nicht zutreffend berücksichtigt werden und Preisschwankungen bei Rohstoffen nicht einkalkuliert werden. Bei Waldinvestments ergibt sich das besondere Risiko durch auftretenden Schädlingsbefall und Naturkatastrophen. Ob dieses Risiko durch Versicherungen aufgefangen werden kann – mit denen zu diesem Zweck oftmals geworben wird – ist nur schwer zu überprüfen.
Investmentfonds sind oft rentabler als Einzelinvestitionen in Aktien oder Anleihen. Durch die Streuung in verschiedene Unternehmen oder Staaten werden Risiken vermindert. Die Bildung von Sondervermögen soll die Anlegergelder zusätzlich schützen. Allerdings bestehen auch hier Kursrisiken und gegebenenfalls Währungsrisiken. Die Anlagen sind daher von Wertschwankungen bedroht. Es fallen Einmalkosten (Ausgabeaufschlag) und laufende Kosten (Verwaltung und Management) an. Nachhaltigkeit der Investition kann zudem aufgrund der Streuung des Anlegergeldes in verschiedene Zielunternehmen nur schwer nachvollzogen werden.
Bis auf die Kostenregelung gelten die vorherigen Bedingungen auch für ETFs. Dabei handelt es sich um börsengehandelte Indexfonds, die einen bestimmten Index nachbilden, beispielsweise den DAX. Da das automatisch erfolgt, ist kein Management zu bezahlen. Es entstehen geringere jährliche Kosten.
Die Verbraucherzentrale Bremen bewertete 2014 in Zusammenarbeit mit der Stiftung Warentest 46 ethisch-ökologische Investmentfonds. Im Ergebnis mied nur einer umstrittene Geschäftsfelder.
Auch das klassische Bankgeschäft kann man mit Hilfe von ausgewählten Banken im Sinne der Nachhaltigkeit betreiben. Überwiegend risikoarm sind Geldanlagen in Sparbücher, Tagesgelder, Sparbriefe und Ratensparverträge bei Banken. Ersparnisse bis zu einem Betrag von 100.000 Euro sind durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Zudem gibt es vielfach noch weitere Sicherungssysteme, wie etwa die Institutssicherung der Sparkassen- und Genossenschaftsverbände.
Auch bei ihrer Altersvorsorge legen immer mehr Menschen auf eine sozial und ökologische Orientierung Wert. Leider investiert ein großer Teil von Riester-Produkten und die dazugehörigen Investmentfonds zumindest teilweise in nicht ESG-konforme Sektoren, ohne dass eine hinreichende Aufklärung der Anleger erfolgte. Weitere Probleme die sich bei der Rentenversicherung stellen können, sind unter anderem hohe Abschluss- und Verwaltungskosten sowie sehr lange Laufzeiten. Rentenversicherungen stellen sich als unflexibel dar, da bei vorzeitigem Abbruch Verluste drohen. Bei fondsgebundenen Rentenversicherungen kommen außerdem Wertschwankungsrisiken hinzu. Zudem besteht ein Auswahlrisiko bezüglich der Investitionsobjekte. Gibt es bei diesen keine Garantie, ist nicht einmal eine Mindestauszahlung sicher. Bei Riester- und Rürup-Anlagen gilt das Alterszertifizierungsgesetz. Ein Rürup-Vertrag kann lediglich stillgelegt werden, er ist nicht kündbar.
Vorsicht ist geboten bei Finanzprodukten, die mit Nachhaltigkeit werben (Greenwashing). Denn welcher Anleger möchte nicht Gutes tun und gleichzeitig Geld verdienen? Mit Umweltschutz und Energiewende lassen sich Anleger locken. Hinzu kommt, dass die Unternehmen und ihre Vermittler mit Begriffen wie Sicherheit, Sachwerten, garantierten Gewinnen und staatlich geförderter Einspeisegarantie werben und somit Risiken verharmlosen oder ganz verschweigen.
Schon in seiner Novemberausgabe in 2013 warnte Finanztest Stiftung Warentest vor geschlossenen Ökofonds: „Grün und gefährlich – Großen Risiken stehen vage Renditeaussichten gegenüber“. (Hier zum Artikel…)
In seiner Ausgabe von Oktober 2015 titelte Finanztest erneut „Schlimme Bilanz“. Untersucht wurden aktuell 1139 noch laufende oder abgewickelte geschlossene Umwelt-, Immobilien-, Schiffs- und Medienfonds. Bei den bereits aufgelösten Umweltfonds endeten 95 Prozent mit einem Kapitalverlust für die Anleger. Keiner der untersuchten Umweltfonds konnte die Renditeprognosen erfüllen. Finanztest kommt zu dem Schluss: Für Emissionshäuser und Vertriebe war das ein Erfolg. Für Anleger nicht.
Denn auch bei grünen und ethisch korrekten Anlagen besteht ein Totalverlustrisiko. Dies ist nicht nur im Insolvenzfall so, sondern auch dann, wenn mit den Einnahmen gerade die Kosten gedeckt werden können und der Anleger dann zwangsläufig leer ausgeht. Eine Einlagensicherung gibt es für diese Produkte nicht. Teilweise werden sogar Nachschüsse gefordert. Ebenso sind auch die Kosten meist intransparent dargestellt und nicht selten in zweistelliger Höhe. Außerdem sind die Laufzeiten geschlossener Fonds sehr lang. 20 Jahre sind hierbei keine Seltenheit. Eine vorzeitige Kündigung ist regelmäßig ausgeschlossen. Auch am Ende der Laufzeit bleibt der Anleger über die tatsächliche Auszahlung lange im Unklaren. Meist stellt sich erst spät heraus, ob ein Totalverlust eingetreten ist. Besonders riskant ist die Finanzierung einer derartigen Anlage durch Kredit.
Gerade mit Crowdfunding lassen sich viele Anleger beeindrucken. Mit geringen Beträgen einem Investment für eine überschaubare Dauer aushelfen und nicht nur schnell Gewinne kassieren, sondern auch der Umwelt helfen, ist ein viel beobachteter Ansatz. Bereits der Begriff ist so schillernd wie die Investitionsobjekte und die rechtliche Struktur. Hinzu kommt der erleichterte Zugang über Online-Plattformen. Jedenfalls sind auch hier Greenwashing und betrügerische Strukturen zu beobachten.
Nach aktuellem Stand der Rechtsprechung hat ein Berater immer dann auch über ethisch-ökologische Kriterien aufzuklären, wenn der betroffene Anleger im Beratungsgespräch konkrete Vorgaben zur Art und inhaltlichen Beschaffenheit der gewünschten Anlage gemacht hat. Den Berater trifft insoweit eine Aufklärungs- und in den Grenzen des Zumutbaren auch eine Erkundungspflicht. Wünscht der Anleger also eine ethisch-ökologisch unbedenkliche Anlage, hat der Berater ihn darüber aufzuklären oder in Erfahrung zu bringen, ob in die Anlage Unternehmen eingebunden sind, die ihr Geld in ethisch bedenklichen Problemsektoren etwa mit Waffengeschäften oder unter Ausnutzung von Hungersnöten und Menschenrechtsverletzungen verdienen. Dasselbe gilt, wenn die unterstützten Unternehmen mit ihren Aktivitäten die Umwelt ausbeuten und den Klimawandel vorantreiben. Wurden die vom Kunden geäußerten Vorgaben und Kriterien nicht berücksichtigt und eine derartige Anlage empfohlen, verstößt der Berater gegen eine ihm obliegende Vertragspflicht und haftet dem Anleger möglicherweise auf Schadensersatz. Der Kläger ist allerdings für seinen ethisch-ökologisch motivierten Anlagewunsch beweispflichtig. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht nicht eindeutig feststellen, welche Absprachen tatsächlich getroffen worden sind, weswegen die Klage in zweiter Instanz aus prozessualen Gründen abgewiesen wurde.
OLG Celle, Urteil vom 15. Juni 2017 – 11 U 1/17
Wenn das Geld in falsche Hände gerät
Quelle: Biallo.de
Rürup dank Rüstungsgeschäften
Quelle: taz.de
Altersvorsorge ohne Skrupel
Quelle: ARD Mediathek
Fragwürdige Geldanlage vor Gericht
Quelle: Handwerk.com
JACKWERTH Rechtsanwälte
Rechtsanwältin Angelika Jackwerth
Fachanwältin für Bank- und
Kapitalmarktrecht
Vereinbaren Sie jetzt Ihren Termin zur kostenfreien Erstprüfung Ihrer Ansprüche
TELEFON
+49 551 2917622-0
ODER DIREKT ÜBER DAS KONTAKTFORMULAR: